Reichsstädte

Reichsstädte
I
Reichs|städte,
 
im Heiligen Römischen Reich die reichsunmittelbaren Städte, im Unterschied zu den Landstädten unter einem Landesherrn. Die ältesten Reichsstädte entstanden auf Königsgut (Reichsgut oder Hausgut; so die königlichen Pfalzstädte). Reichsstädte wurden auch auf kirchlichem Grund vom König errichtet und waren ihm zu Diensten sowie Abgaben verpflichtet; andere erlangten durch Vertrag, gewaltsame Verselbstständigung, Erlöschen der Landesherrschaft oder königlichen Verleihung Reichsunmittelbarkeit. Von diesen (zeitweilig bis zu 83) Reichsstädten sind zu unterscheiden die Reichsvogteistädte, in denen der König nur die Vogtei besaß, die Stadtherrschaft aber von der Kirche ausgeübt wurde, auf deren Grund die Stadt errichtet worden war. - Ursprünglich übten königliche Beamte (Burggrafen, Vögte, Schultheißen) die Hoheitsrechte und die oberste Gerichtsbarkeit aus; seit 1250 brachten die Reichsstädte die meisten dieser Rechte und die Vogtei in ihren Besitz. Die Unterschiede zu den Freien Städten verwischten sich allmählich; Freie Städte und Reichsstädte wurden später vielfach auch unter der Bezeichnung »Freie Reichsstädte« zusammengefasst. - Seit dem Interregnum (1254-73) wurden die Reichsstädte zu den Reichstagen zugezogen, seit 1489 regelmäßig (Reichsstädtekollegium; Schwäbische und Rheinische Städtebank). Durch den Reichsdeputationshauptschluss 1803 wurden die Reichsstädte bis auf Augsburg, Nürnberg, Frankfurt am Main, Bremen, Hamburg und Lübeck, die jedoch in den Napoleonischen Kriegen ebenfalls ihre Selbstständigkeit verloren, mediatisiert. Der Wiener Kongress 1815 stellte Hamburg, Bremen, Lübeck (bis 1937) und Frankfurt am Main (bis 1866) als Freie Städte wieder her.
 
II
Reichsstädte
 
Unter den Reichsstädten versteht man die Städte, die unmittelbar der Herrschaft des Königs unterstanden - im Gegensatz zu den Landstädten, die einer Landesherrschaft unterworfen waren.
 
Die meisten Reichsstädte sind aus ehemaligen königlichen Städten, errichtet auf Reichsgut oder dem Hausgut der einzelnen Herrscher (z. B. Aachen, Frankfurt, Nürnberg, Kaiserslautern, Boppard, Goslar, Mühlhausen u. a.) sowie auf Kirchengut (z. B. Wetzlar, Colmar, Weissenburg, Kempten, Lindau, Zürich) hervorgegangen. Daneben gab es aber auch »Freistädte«, bei denen es sich um Bischofsstädte handelte (z. B. Köln, Mainz bis 1462, Worms, Speyer, Straßburg, Regensburg), denen es gelungen war, die bischöfliche Stadtherrschaft abzuschütteln. Da sie den König nicht als Stadtherrn, sondern lediglich als Reichsoberhaupt anerkannten, beanspruchten diese Städte, dem Reich gegenüber von Lasten und Abgaben frei zu sein, während die übrigen Reichsstädte vor allem Stadtsteuern an den König als regelmäßige Abgaben entrichteten. Während es einigen Reichsstädten - vor allem Frankfurt und Nürnberg - gelang, nicht nur die volle Herrschaftsgewalt innerhalb der Stadt zu erringen, sondern darüber hinaus im Umland der Stadt ein ansehnliches städtisches Territorium aufzubauen, wurden andere Reichsstädte, vor allem im 14. Jahrhundert, vom Königtum an benachbarte Landesherrschaften verpfändet, was de facto das Ende der Reichsunmittelbarkeit bedeuten konnte, da das Königtum in der Regel nicht über die Mittel verfügte, die Pfandsummen abzulösen.
 

Universal-Lexikon. 2012.

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